CALL-FOR-PAPERS „Idealbilder von Forschung und wissenschaftlicher Karriere in der Diskussion“

Gastausrichterinnen: Stefanie Hoffmann, Dr.'in Sandra Tiefel, Verena Walterbach

Vor dem Hintergrund des Tagungsthemas werden durch die Thematisierung der Idealbilder von Forschung und wissenschaftlicher Karriere zwei Stränge betrachtet, die mit dem Wissenschaftler*innensein verwoben sind: „ideale Forschung“ und „ideale Wissenschaftskarrieren“. Idealbilder können mit zunehmender Erfahrung in der wissenschaftlichen Arbeitswelt brüchig und konterkariert werden, sind in ihrer Kraft als Normative jedoch ungebrochen. Die Tagung soll die Möglichkeit eröffnen, Idealbilder von Forschung und wissenschaftlicher Karriere vor dem Hintergrund einer theoretischen und empirischen Brechung zu reflektieren und insbesondere auch (verborgene) Potenziale des Abweichens zu thematisieren.

Forschung ist dem wissenschaftlichen Tätigkeitsfeld inhärent – ob nun in qualitativer oder quantitativer Form bzw. eines Mixed-Method-Ansatzes. Dabei sind Fehler unvermeidlich oder anders ausgedrückt: der Irrtum ist wissenschaftlich. Trotzdem findet sich kein offener Fehlerdiskurs und das Potenzial von Irr- und Umwegen bleibt unbesprochen. Insbesondere für Qualifikationsarbeiten, die durch ihren Innovationsanspruch elementare Beiträge für die Theorieentwicklung der Fächer und die Diskurse der Scientific Community leisten, verhindert dieses Nichtthematisieren des Abweichens vom vermeintlichen Ideal ggf. gerade neue Erkenntnisse. Wir sprechen uns für eine offene Fehlerkultur aus und suchen nach Thematisierungsweisen von Irrtümern.

Hinsichtlich der Fachtagung wünschen wir uns Beiträge zu (überholten) Forschungsidealen, erhellenden Irrtümern oder reflektierter Fehlerbearbeitung und der Auseinandersetzung damit, z.B. in den Themenbereichen:

  • Triangulation für ein Ermöglichen von Perspektivverschränkungen in Forschungsprojekten, die zu Nicht-Passungen in den unterschiedlichen methodisch-methodologischen Zugängen führen kann
  • Gütekriterien qualitativer Forschung als Kompass für „gute“ Forschung, die mit zunehmender Komplexität zu Herausforderungen in der Orientierung an ihnen führen
  • Umgang mit Thesen, Hypothesen sowie Skepsis und Kritik daran (z.B. bei Anträgen für Drittmittel und der Einreichung von Exposés) als Markierer wissenschaftlicher Erkenntnis
  • Irrwege und Tentativität, die als Forscher*in zum Alltag gehören, und zugleich das Negieren und Verschleiern von Irrtümern, Umwegen und Research Fails (bspw. misslungene Interviews, Fehlplanungen im Forschungsdesign, logische Fehlschlüsse)
  • Konstruktive Thematisierung von (vermeidbaren) Irrtümern und Fehlern bei Forschungsdesigns, Methodenwahl und -umsetzung etc. als Beleg guter wissenschaftlicher Praxis

Wissenschaftliche Karrieren sind in ein produktives, erkenntnis- und zugleich auch spannungsreiches Feld eingebettet, in dem sich diverse Möglichkeiten des Wissenschaftler*innenseins aufspannen. Spannungsfelder zwischen Idealbildern und Realbildern können dabei auf verschiedenen Ebenen in Erscheinung treten (#IchbinHanna bzw. #IchbinReyhan) und zum Beispiel Themen wie Arbeitsbedingungen, Leistungsdruck, Konkurrenz, normative Setzungen zu Forschungsstandards, Selbstunterwerfung und Selbstausbeutung in der Selbstverwirklichung, Dynamiken des wissenschaftlichen Feldes, Forschungslogiken sowie das Selbstverständnis als Forscher*in berühren. Je nach persönlichem Standort der Forscher*innen zeigen sich diese Themen in unterschiedlichen Facetten. Das Gegenüberstellen von Idealbildern von wissenschaftlicher Karriere mit realiter vorgefundenen Gegebenheiten kann Dilemmata aufwerfen, die Ausgangspunkt für eine kritische Befragung auf der Fachtagung sein können.

Im Rahmen der Fachtagung können wir uns u.a. Beiträge hinsichtlich folgender Themen vorstellen

  • Inter- und Transdisziplinarität als Unterstützung für Erkenntnisgenerierung und zugleich Erschwerung der eigenen Verortungen im wissenschaftlichen Feld
  • Meritokratisches Versprechen als Verheißung von Aufstieg durch Fleiß und Können bei zugleich unsteten Karrierewegen und prekären Arbeitssituationen
  • Publizieren zur Kommunikation neuer Erkenntnisse bei gleichzeitigem Druck, Reputation und Chancen im Arbeitsfeld Wissenschaft durch jedwede Veröffentlichung zu erhöhen
  • Anspruch der Selbstreflexion als Wissenschaftler*in und andererseits eine ausbleibende Kenntlichmachung eigener Positionen in Feld und Gesellschaft, die Auswirkungen auf Erkenntnisse haben
  • Familienorientierung, Vereinbarkeit oder Work Life Balance und Wissenschaft: Schwierigkeiten vs. Best Practice Modelle
  • Narrativ der Chancengleichheit in Gesellschaft und Wissenschaft, aber zugleich eine Unterrepräsentation von z.B. Frauen oder POC als beforschte oder forschende Subjekte

Wir freuen uns auf Beiträge, die sich auf die oben genannten Themen oder angrenzende Fragestellungen beziehen, und solche, die quer zu den Themenfeldern liegen oder Schnittstellen zu mehreren aufweisen. Als Beitragsvorschläge sind empirische, theoretische sowie konzeptionelle Beiträge willkommen, die „ideale Forschung“ und „ideale Wissenschaftskarrieren“ in verschiedenen grundlagentheoretischen Perspektivierungen (z.B. professionstheoretisch, ungleichheitstheoretisch, sozialisationstheoretisch, machttheoretisch, vor der Folie sozialer Welten und Arenen usw.) hervorbringen.

Als Format für Vortragende sind parallele Arbeitsgruppen geplant (ca. 20 Min. Vortrag + 20 Min. Diskussion), die durch ein themenspezifisches Begleitprogramm (Keynote, Workshop, Abendveranstaltung) gerahmt werden.

Ihre Abstracts mit den Beitragsvorschlägen im Umfang von max. 3.000 Zeichen reichen Sie bitte unter bis zum 22.07.2022 ein. Die Auswahl der Beiträge erfolgt im Peer-Review-Verfahren, eine Rückmeldung erfolgt bis Ende August.

Die Tagung findet vom 11. bis 12. November 2022 an der Otto-von-Guericke-Universität & dem Forum Gestaltung in Magdeburg statt. Im Tagungsbeitrag von 55 Euro sind die Verpflegung mit alkoholfreien Getränken, Kaffee, Tee, Gebäck und Snacks während des Tagungszeitraums sowie das gemeinsame Abendessen am Freitag (ausgenommen Getränke) enthalten. Beitragende sind von der Teilnahmegebühr befreit.

Es wird angestrebt, einen Tagungsband als Open Access Publikation zu veröffentlichen, in dem Beiträge aufgenommen werden, die erfolgreich ein Peer-Review-Verfahren durchlaufen haben.

Die Tagung findet in Kooperation mit dem Büro für Gleichstellungsfragen der OVGU und mit freundlicher Unterstützung der Hans-Böckler-Stiftung statt.

Letzte Änderung: 26.11.2024 - Ansprechpartner: